Dirk Lotze - Journalist
Schläge und Beleidigung: Landgericht bestätigt Strafe

Gerichtsinsel

30. Dezember 2024: Schläge und Beleidigung: Landgericht bestätigt Strafe

Zeugen beim Jobcenter Solingen und bei der Polizei hätten die Vorwürfe erfunden, behauptete der angeklagte Mittfünfziger. Die Richter folgten dem nicht. Der Vorsitzende stellte klar: Aus den Taten spreche eine Missbilligung des Staates.

Eine Attacke mit Schlägen gegen einen Solinger Jobcenter-Mitarbeiter, die Beleidigung einer Polizistin als „dumme Drecksau“ - das bringt einem Angeklagten 1500 Euro Geldstrafe ein. Der Mittfünfziger führte in seiner Berufung vor dem Landgericht Wuppertal vergeblich an: Nichts an den Vorwürfen würde stimmen. Die Zeugen hätten sie erfunden. Der vorsitzende Richter stellte in seiner mündlichen Begründung klar, dass das Gericht die Strafe härter bemisst als in anderen Fällen und erläuterte: „Aus den Taten spricht eine Missbilligung des Staates. Sie trafen Menschen, die ihre Arbeit gemacht haben.“

Die Strafe entspricht dem Einkommen des Angeklagten von drei Monaten und zehn Tagen. Sie ist noch angreifbar. Der Mann lebt allein, ist arbeitslos und ohne Vorstrafen. Im Gericht verteidigte er sich ohne Anwalt.

Zu der Gewalt im Jobcenter kam es laut dem noch nicht rechtskräftigen Urteil am Ende eines Beratungstermins vom April 2023: Der Angeklagte habe den Mitarbeiter geschlagen. Zeugen hatten eine Rötung im Gesicht des Angegriffenen gesehen.

Die Auseinandersetzung mit einer Polizistin datiert vom Januar 2024, aus dem Stadtteil Gräfrath. Der Mittfünfziger sei als Passant an der Kontrolle eines Autofahrers vorbei gekommen. Einer Beamtin sei er nah entgegen getreten und habe sie angestarrt, bis sie fragte: „Kennen wir uns?“ Von da an sei die Auseinandersetzung lautstark verlaufen - bis zur Beleidigung. Es folgte die Strafanzeige.

Was das Jobcenter angeht gab der Mann an: Er habe dem Mitarbeiter angekündigt, sich beschweren zu wollen. Darauf habe der die Schläge erfunden.

Dem glaubt das Gericht nicht, erläuterte der vorsitzende Richter. Grund seien die Zeugenaussagen und ein besonderer Umstand: Nicht der Jobcenter-Mitarbeiter habe die Attacke angezeigt, sondern die Behörde: „Es wäre ungewöhnlich, wenn jemand eine Geschichte erfindet, um jemanden zu belasten, und Kollegen überzeugt und dann den letzten Schritt - den zur Anzeige - nicht geht.“

Die Polizistin habe dem Angeklagten bei ihrem Abschied aus dem Saal gesagt: „Ich hoffe, Sie kommen zur Ruhe und man kann Ihnen helfen.“ Fazit des Richters: „Das sagt man nicht, wenn man will, dass jemand möglichst hart bestraft wird.“

Das Urteil fällt geringfügig milder aus als beim Amtsgericht Solingen. Während dessen Verhandlung hatte noch eine alte Vorstrafe des Mannes im Führungszeugnis gestanden. Das Landgericht berücksichtigte bei der Strafhöhe, dass der Angeklagte im Lauf des Prozesses arbeitslos geworden ist und Einkommen eingebüßt hat. Er kann Revision einlegen.

Urteil des Landgerichts Wuppertal, 9. Strafkammer, vom 30. Dezember 2024.
Ich berichte nach Besuch des letzten Verhandlungstages.


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Zuletzt geändert am 30. Dezember 2024