Dirk Lotze - Journalist
Prozessauftakt zu Brandmord: Angeklagter schweigt

Gerichtsinsel

21. Januar 2025: Prozessauftakt zu Brandmord: Angeklagter schweigt

Der 40 Jahre alte Mann kündigte über einen Anwalt eine Erklärung am zweiten Verhandlungstag an. Es geht um vierfachen Mord, Mordversuch in 21 Fällen und weitere Verbrechen. Der vorsitzende Richter sprach den Angehörigen im Saal das Beileid des Gerichts aus.

Angehörige der Brandopfer tragen ein Foto der Getöteten auf ihrer Kleidung: Eine vierköpfige Familie, die Kinder zwei Jahre beziehungsweise sechs Monate alt. Der Zuschauerraum ist dicht besetzt mit Publikum und Presse. Das Landgericht Wuppertal hat seinen Prozess gegen einen mutmaßlichen Brandstifter aus Solingen begonnen. Zum Auftakt ließ der 40 Jahre alte Angeklagte einen seiner Anwälte erklären: Er schweigt vorerst weiter. Am zweiten Verhandlungstag werde er eine Erklärung abgeben.

Das Gericht entscheidet außer über Schuld und Strafe auch über mögliche, spätere Sicherungsverwahrung. Der Mann befindet sich seit seiner Festnahme vom April 2024 in Untersuchungshaft. Außer dem Hauptanklagepunkt - dem nächtlichen Brand vom 25. März 2024 an der Grünewalder Straße - muss das Gericht drei weitere Vorwürfe aufklären: Zwei frühere Brandlegungen, eine davon im selben Mehrfamilienhaus; ein Angriff mit einer Machete am Festnahmetage auf einen Mann aus seinem Umfeld. Tatort war jeweils Solingen. Es geht um vierfachen Mord, Mordversuch in 21 Fällen und weitere Verbrechen.

Der Angekagte ist schmal und mittelgroß, das Haar an den Schläfen leicht grau. Im Gericht sitzt er hinter seinen drei Anwälten. Im Gespräch mit ihnen wirkt er höflich und interessiert. Viele der Geschädigten haben Anwälte und beteiligen sich am Verfahren. Sie sitzen der Verteidigung gegenüber. Über dem Foto auf ihren Shirts steht das türkische Wort "Adalet", darunter auf Deutsch: "Gerechtigkeit."

Anders als er es sonst macht sprach der vorsitzende Richter die Angehörigen gleich zu Anfang direkt an: "Die Kammer möchte Ihnen ihr Beileid aussprechen." In zurückhaltenden Worten mahnte er die Zuschauer: Sie sollen eine geordnete Verhandlung ermöglichen.

Als erste Zeugen hörte das Gericht Einsatzkräfte der Polizei. Ein 25 Jahre alte Beamter berichtete von der Festnahme des Mannes: Er und seine Kollegen waren an seiner Wohnadresse gerade dabei, Schutzkleidung anzulegen, weil man wusste, dass der Mann eine Axt hatte. Der 40-Jährige sei von sich aus mit erhobenen Händen auf sie zugekommen: "Sie suchen mich", habe er gesagt. Er habe besonnen gewirkt und sich festnehmen lassen - "ohne Anstalten zu machen". Laut vorläufigem Gutachten eines Gerichtspsychiaters war der Angeklagte womöglich voll schuldfähig.

Das Gericht will am 27. Januar 2025 weiter verhandeln.

Prozessbeginn des Landgerichts Wuppertal, 5. Strafkammer, vom 21. Januar 2025.
Ich berichte nach Besuch des Termins.


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Zuletzt geändert am 21. Januar 2025