Dirk Lotze - Journalist
Betrug beim Winterdienst: Gericht durchkämmt Konten von angeklagtem Geschäftsmann

Gerichtsinsel

3. April 2025: Betrug beim Winterdienst: Gericht durchkämmt Konten von angeklagtem Geschäftsmann

Der Velberter (34) soll Schneeräum-Einsätze gegenüber der Stadt Wuppertal abgerechnet haben, die nie stattgefunden haben. Ein weiterer Unternehmer ist mit angeklagt. Der angebliche Hintermann im geschädigten Stadtbetrieb ist im Ausland abgetaucht.

An den Aktenordnern haben die Anwälte sichtlich zu schleppen. 600 Seiten Kontoauszüge habe er vorgestern bekommen, ruft einer der beiden auf dem Gang seinem Kollegen zu. Die Papiere sind Beweismittel in einem Betrugsprozess gegen einen 34 Jahre alten Unternehmer aus Velbert und einen gleichalterigen Mitangeklagten: Sie sollen über zwei Jahre Winterdienst betrügerisch mit der Straßenreinigung in Wuppertal abgerechnet haben, der nie stattgefunden habe. Der Schaden: mehr als 300.000 Euro.

Beide Angeklagte sind auf freiem Fuß. Der Velberter bestreitet die Vorwürfe. Seine Sicht: „Ich war jung. Naiv.“ Er habe sich auf einen hochrangigen Angestellten des betrogenen Betriebs als Auftraggeber eingelassen. Den Mann habe ein Mitarbeiter beim Sport kennen gelernt. Der mutmaßliche Hintermann soll mit einem sechsstelligen Betrag ins Ausland geflohen sein.

Die Methode laut Staatsanwaltschaft: Der Straßenreinigungs-Angestellte habe Aufträge an Bekannte vergeben. Die hätten ihm eine Liste ihrer Schneeräum-Einsätze geschickt. Er habe weitere Arbeitsstunden dazu erfunden und sich das Geld auf private Konten schicken lassen. Mit den Angeklagten habe er geteilt.

Bei ihm sei nichts angekommen, sagt der 34-Jährige aus Velbert - allenfalls das, was er erarbeitet hatte. Sein Mitangeklagter, selbstständig wie er, gibt hingegen zu: Er habe gewusst, dass der Angestellte auf die gefälschten Rechnungen in seinem Namen Mehrwertsteuer geschrieben habe - und er habe das geschehen lassen.

Zu den womöglich nie geleisteten Arbeitsstunden hörte das Gericht Zeugen aus der städtischen Verwaltung. „An diesen Tagen war überhaupt kein Winterdienst ausgerufen“, erläuterte ein Prüfer. An anderen Tagen sei zwar auf Straßen gearbeitet worden, nicht aber auf Fußwegen - wie die Rechnungen behaupten. Die betreffenden Zeilen habe er in einer Liste markiert. Die vorsitzende Richterin hält die Blätter hoch: alles rot.

Den Velberter fragt sie nach einzelnen Kontobewegungen aus dem dicken Stoß Papier: „Sie haben im Februar 2021 Geld bekommen und danach über Monate nichts mehr“, stellt sie fest. Der Mann habe aber weiter Rechnungen geschrieben. Für sie liege der Verdacht nahe: Der Mann habe die Beträge womöglich bar bekommen.

Die Antwort des Angeklagten: „Ich habe gedacht, das Geld kommt noch.“ Nein, 14.000 Euro Außenstände seien für ihn nicht viel. Dem Gericht gibt er an: Er sei froh gewesen, arbeiten zu können.

Die vorsitzende Richterin hat Fortsetzungstermine bis Ende April 2025 vorgesehen. Bis dahin werden weitere Akten kopiert und an die Anwälte verteilt. Das Gericht will weitere Zeugen vernehmen.

Verhandlung des Amtsgerichts Wuppertal, Schöffenabteilung 12, vom 3. April 2025.
Ich berichte vom Besuch der Sitzung.


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Zuletzt geändert am 03. April 2025