Dirk Lotze - Journalist
Stiefsohn missbraucht für Videos: Angeklagte zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

Gerichtsinsel

15. April 2025: Stiefsohn missbraucht für Videos: Angeklagte zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

Die Frau hat den Sohn ihrer Ehefrau über zwei Jahre in Videos zur Schau gestellt und missbraucht, um die Aufnahmen zu verkaufen. Weitere Taten drehten sich um Kinder aus dem Umfeld. Das Landgericht Wuppertal verurteilte die 38 Jahre alte Frau nach Geständnis. Die Ermittlungen hatten sich bis zur Anklage über ein Jahr geschleppt.

Eine 38 Jahre alte Frau aus Heiligenhaus hat über zwei Jahre ihren Stiefsohn im Kindesalter in Videos zur Schau gestellt und sexuell missbraucht. Die Aufnahmen habe sie Stück für Stück für insgesamt mehr als 4500 Euro an einen früheren Lebenspartner verkauft. So lautet das Urteil des Landgerichts Wuppertal. Die Richterinnen und Richter verurteilten die 38-Jährige nach Geständnis nicht rechtskräftig zu sieben Jahren Freiheitsstrafe. Festgestellt sind Kindesmissbrauch und gewerbsmäßiges Herstellen von sogenannter Kinderpornographie, betroffen sind neben dem Stiefsohn Kinder aus dem Umfeld. Die vorsitzende Richterin stellte in ihrer mündlichen Urteilsbegründung fest: "Es hat schon was von 'Kind als Ware'."

Bewährung ist bei der Höhe der Strafe ausgeschlossen. Von den weiteren Kindern gelten einige bis heute als als nicht identifiziert. Die 38-Jährige sitzt in Untersuchungshaft, nachdem das Landgericht das im Oktober 2024 erstmals angeordnet hat. Zuvor waren über anderthalb Jahre die Ermittlungen gelaufen, während sie auf freiem Fuß war. Die Anklagepunkte beziehen sich auf die Zeit von Mitte 2019 bis Sommer 2021.

Angeklagt waren 99 Fälle, mehr als ein Drittel sind für das Gericht zweifelsfrei erwiesen, die Übrigen hätten die Strafe nicht mehr wesentlich erhöht. Die Angeklagte habe über Handy-Nachrichten mit ihrem getrennten Partner verhandelt: Er sollte ihr Geld schicken. Als Aufnahmen von ihr zum Tausch nicht mehr reichten, habe er geschrieben: "Zur Not eben von dem Kleinen." An die Angeklagte gewandt stellte die Richterin fest: "Und Sie haben allenfalls minimal gezögert." Beziehung, Kindeswohl - das alles sei egal gewesen. Dem Chat zufolge sendete die Angeklagte Fotos und versprach: Sie würde jeden Tag Nachschub liefern.

Drehpunkt war laut Gericht durchweg Geld. Eine Forderung untermalte die Angeklagte mit der Beschreibung: Es sei kein Essen im Haus, sie wollten einen Lieferdienst bestellen. Außerdem habe der Junge in einigen Tagen Geburtstag und brauche ein Geschenk. Der frühere Partner sollte sofort überweisen.

Eine Polizistin hatte im Zeugenstand kommentiert: "Das war etwas, was ich so noch nie hatte: Dass es so um Geld ging." Zu den Missbrauchstaten fasste die vorsitzende Richterin zusammen: Sie hätten sich im Lauf der Zeit intensiviert. Zugleich seien die Geldforderungen der Angeklagten immer höher gegangen. Dass Geldnot das Motiv gewesen sein sollte, nahm das Gericht nur teilweise an: Es sei der Lebensbedarf der Familie von den Einnahmen gedeckt worden, dazu kämen aber auch Reisen und Geschenke.

Die Mutter des Jungen, Ehefrau der Angeklagten, hat im Gericht ausgesagt: Sie sei während der gesamten Zeit ahnungslos gewesen. Sie lebt mit Erlaubnis des Jugendamts mit ihrem Sohn inzwischen außerhalb zusammen. Die beiden Frauen trennten sich am Tag der Hausdurchsuchung im Juni 2023; laut Aussagen läuft die Scheidung.

Entdeckt wurden die Abläufe durch Ermittlungen gegen den früheren Partner der Angeklagten, den Empfänger der Fotos und Videos. Er war durch Nachrichten im Internet aufgefallen und ist inzwischen zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ermittlerinnen und Ermittler durchsuchten seine Computer und Handys - und identifizierten wie in einem Puzzle die Heiligenhauserin. Sie soll anfangs eine unregistrierte Handy-Nummer verwendet haben. Ihre Chats enthielten aber eine E-Mail-Adresse und weitere Einzelheiten.

Das Urteil ist noch angreifbar.

Drohung aus dem Zuschauerraum

Nach der Urteilsverkündung drohte eine Zuschauerin der Angeklagten beim Verlassen des Saals: "Wir warten alle auf Dich!"

Die Vorsitzende rief sie zur Ordnung: "Das gehört nicht in einen Gerichtssaal."

Urteil des Landgerichts Wuppertal, 4. Strafkammer, vom 15. April 2025.
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Zuletzt geändert am 17. April 2025