Dirk Lotze - Journalist
Unternehmer erhält Freispruch in Prozess um Betrug beim Winterdienst

Gerichtsinsel

28. April 2025: Unternehmer erhält Freispruch in Prozess um Betrug beim Winterdienst

Der Selbstständige aus Velbert hatte mit seiner Firma in Wuppertal Schnee geräumt. Dass er von den betrügerischen Machenschaften eines Disponenten bei der dortigen Straßenreinigung wusste, lässt sich nicht beweisen, urteilte das Gericht.

In einem Großprozess um Betrug mit Abrechnungen beim Winterdienst erhält ein Velberter Unternehmer (34) einen Freispruch: Das Amtsgericht Wuppertal hat Zweifel, ob er von Machenschaften eines Disponenten der dortigen Straßenreinigung wusste. Ein ebenfalls angeklagter, weiterer Auftragnehmer im Winterdienst muss 9600 Euro Strafe für Bestechung des Hauptverdächtigen und Betrug zahlen: Er habe dem Hintermann - seinem Trauzeugen und guten Freund - einen vierstelligen Betrag gezahlt, um im System bleiben zu dürfen.

Beide Männer waren nicht vorbestraft. Der mutmaßliche Hauptverantwortliche war ursprünglich im selben Verfahren mit angeklagt. Er ist mit einem mindestens sechsstelligen Euro-Betrag im Ausland untergetaucht und für die deutsche Justiz nicht greifbar. Der Anwalt des verurteilten Auftragnehmers erklärte in seinem Plädoyer: "Dass man den hat entkommen lassen, ist der wahre Skandal."

Die manipulierten Rechnungen für Schneeräum-Arbeiten waren 2022 aufgefallen. Interne Überprüfungen bei der städtischen Straßenreinigung ergaben: Es waren ab Februar 2020 Arbeitstage abgerechnet worden, für die keine Schnee-Einsätze im Tagebuch des Betriebs standen. Das Ergebnis: Strafanzeigen und Hausdurchsuchungen.

Unter den Verdächtigen war der Velberter Familienvater, der sich neben seiner Arbeit als Monteur ein selbstständiges Unternehmen aufbaute. Der Räumdienst sei ihm willkommene Ergänzung für die Wintermonate gewesen, sagte der Mann im Gericht aus. Den mutmaßlichen Hintermann, in entscheidender Stellung bei der Wuppertaler Straßenreinigung, habe ein Mitarbeiter beim Fußballspielen in Velbert kennengelernt.

Weiter den Aussagen zufolge stellte der nun freigesprochene Angeklagte Stundenzettel zusammen und mailte sie an den Auftraggeber. Der habe daraus Rechnungen gefertigt und bei seinem Betrieb eingereicht.

Dass es um Betrug ging, ergab sich aus diesen Rechnungen: Darauf sollen dutzende Positionen mehr gestanden haben, als auf den Arbeitszetteln. Als Bankverbindung war ein Privatkonto des Disponenten angegeben. Der soll den Überschuss behalten und den korrekten Betrag an den Velberter überwiesen haben. Die vorsitzende Richterin fasste zusammen: "Ist das merkwürdig? Ja, das ist es." Daraus ergebe sich aber nicht zweifelsfrei, dass der Velberter von der Masche gewusst habe.

Der Unterschied im Fall des Verurteilten Mitangeklagten: Der ist mit dem Disponenten persönlich befreundet. Er soll die Abläufe durchschaut und Geld bezahlt haben, das der Hintermann haben wollte.

Den Freispruch für den Velberter und die Verurteilung des Mitangeklagten hatte die Staatsanwältin beantragt. Ihre Wertung: "Sie wurden in etwas rein gezogen, was sehr viel größer war, als das, was Sie überblicken konnten." Dennoch müsse man die Geldzahlungen des zweiten Angeklagten als Bestechung werten.

Eine Sicht, die dessen Anwalt zurückwies: Sie treffe nicht die Eigenschaften des Falls. Der Anwalt fügte hinzu: "Der Disponent war nicht bestechlich. Der hat das Maul nicht vollbekommen." Sein Mandant hingegen habe sofort, als er in Verdacht kam, mit der Polizei kooperiert, alle Unterlagen und sein Handy samt Zugangscode abgegeben und ausgesagt. An die Staatsanwältin gerichtet fragte der Anwalt: "Was denn noch?"

Teile des Urteils sind noch angreifbar.

Justiz zieht Gewinn ein

Die Staatsanwältin beantragte, im Fall von Bestechung den gesamten Rechnungsbetrag durch die Landeskasse einzuziehen. Das sollte auch die volle Bezahlung für die geleistete Arbeit umfassen.

Im Fall des verurteilten, zweiten Angeklagten wären das 75.000 Euro gewesen.

Das Gericht folgte dem nicht sondern lässt 3700 Euro zusätzlich zur Strafe von 9600 Euro einziehen. Nur dieser Betrag stehe nach strafrechtlichen Maßstäben fest.

Urteil des Amtsgerichts Wuppertal, Schöffenabteilung 12, vom 28. April 2025
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Zuletzt geändert am 01. Mai 2025