Dirk Lotze - Journalist
Sie packen die Ziele an, mit denen Erkraths Stadtrat scheiterte

Sie packen die Ziele an,
mit denen Erkraths Stadtrat scheiterte

index.jpg: 1024x640, 251k (07. Juni 2014)
Reinhard Parthe, Gabriele Noack, Birgit Kusch und Horst Feldmann (v. l.) - vier Mitstreiter der Bürgerinitiative Zukunft für Unterfeldhaus.

Erkrath. Sie sind als wortgewandte Kritiker im Ringen um Erkraths Stadtplanung der nächsten 20 Jahre bekannt. Aber dass ein 240.000 Euro teures Konzept jetzt nach Ratsbeschluss auf Eis liegt – das mag die Bürgerinitiative Zukunft für Unterfeldhaus nicht als Sieg sehen: „Wir sind nicht gegen das Stadtentwicklungs-Konzept. Wir möchten viele Projekte daraus umsetzen“, sagt Mitstreiter Reinhard Parthe, einer die Initiatoren.

Man könnte Spitzdächer auf bestehende Flachbauten setzten, um die mit mehr Wohnfläche attraktiver für zuziehende Familien zu machen, sagt sein Nachbar Horst Feldmann. Die Aufwertung von Unterfeldhaus' Ortsteilzentrum am Neuenhausplatz wäre ein weiteres sinnvolles Projekt, fügt Birgit Kusch von der Initiative hinzu. Oder eine Verbesserung der Radwege. Mehr als 60 Mitglieder der Initiative haben um eine lange Liste von Vorhaben im Stadtentwicklungskonzept mitdiskutiert.

"Die wertvollen Außenflächen braucht kein Mensch in Anspruch zu nehmen."
Horst Feldmann von der Bürgerinitiative

Nur die Idee der Planer, an Erkraths Rändern neu zu bauen - etwa auf den sanft gewellten Wiesen und Feldern nördlich von Unterfeldhaus – sei verfehlt. Feldmann: „Die wertvollen Außenflächen braucht kein Mensch in Anspruch zu nehmen.“ Jedenfalls nicht, um der Alterung im Statteil zu begegnen und Platz für Zuzüge zu gewinnen.

Stadtentwicklungskonzept Erkrath
Laut Ratsbeschluss aus dem Jahr 2010 wollte Erkrath ein Stadtentwicklungskonzept als Grundlage für die Planung der kommenden 20 Jahre aufstellen. An dem folgenden Prozess wirkten das Planungsamt, die politischen Gremien und interessierte Gruppen mit. Als Moderatoren und Fachleute beauftragte die Stadt das Dortmunder Büro plan-lokal. Am 10. Dezember 2013 lehnte der Rat das Ergebnis ab - mit den Stimmen von CDU, Büdnnis 90/Die Grünen und FDP.

Es sei unverständlich, dass der Rat sein ganzes Konzept kippt, nur weil die Neubauflächen gegen die Bürger nicht durchzusetzen seien, sagt Feldmann. Die Initiative werde sich weiter für den Stadtteil einsetzen. Und sie stehe in Kontakt zu den Stadtpolitikern im Quartier.

SPD-Ratsmitglied Dieter Becker hatte als einer der ersten gefordert, der Gruppe zuzuhören. Über die weitere Aussicht sagt er auf Anfrage: „Die SPD sieht die Initiative kritisch, weil es hier um Einzelinteressen einiger Hausbesitzer gehe. Ich denke, ohne die Außenflächen wird man die Probleme von Unterfeldhaus nicht lösen. Aber was die einzelnen Projekte angeht, da gibt es viel Übereinstimmung.“ Die Hauptschwierigkeit im Stadtteil sei, dass er vor 40 Jahren in einem Zug entstanden ist. Die meisten Nachbarn altern gemeinsam. Schon die Schulversorgung aufrecht zu erhalten ist schwierig, weil es an Kindern im passenden Alter fehlt.

"Wir werden nicht einfach aufhören."
Gabriele Noack, Bürgerinitiative Zukunft für Unterfeldhaus

Ratsmitglied Barbara Geiss-Kuchenbecker (Bündnis 90/ die Grünen) sagt: „Die Initiative ist aus unmittelbarer Betroffenheit von geplanten Bauvorhaben entstanden. Daraus hat sich eine hoch engagierte Bürgerinitiative mit außerordentlicher fachlicher Expertise entwickelt, die mit großer Beharrlichkeit längst für den Erhalt aller klimatisch bedeutsamen Grünflächen in Erkrath kämpft.“ Eine Bebauung wertvoller Freiflächen lehne ihre Partei ab.

Zukunft für Unterfeldhaus werde weiter Transparenz in der Politik fordern und bei neuen Diskussionen genau nachfragen, kündigt Parthe an: „Was uns wirklich gegen den Strich geht, ist der bisherige Umgang mit bürgerschaftlichem Engagement.“ Nächtelang habe die Gruppe zu Diskussionsthemen recherchiert, sich zur Demographieentwicklung, zu Stadtplanungsmodellen und zur öffentlichen Finanzierung kundig gemacht. Mitstreiterin Gabriele Noack: „Das wurde einfach ignoriert. Aber wir wollen das genau wissen. Wir werden nicht einfach aufhören.“

Text und Foto: Dirk Lotze


Reaktionen

Die Bürgerinitiative Zukunft für Unterfeldhaus schreibt:

Herzlichen Dank für Ihre sachliche Berichterstattung!

Auf einen Punkt möchten wir allerdings ergänzend hinweisen:

Mit den von Ihnen zitierten "Einzelinteressen" versuchte man uns von Anfang zu diskreditieren, um so eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit unseren Argumenten leichter vermeiden zu können. Interessanterweise erwähnt Herr Becker (SPD) mit keinem Wort, dass sich sein Unterfeldhauser Parteigenosse Zieger kurz vor der Wahl in einem Rundschreiben an alle Bürger dezidiert und unmissverständlich gegen die Bebauung des Landschaftsschutzgebietes aussprach. Es ist kaum vorstellbar, dass dies ohne Rücksprache mit der Fraktion erfolgte. Man dreht es also, wie man es gerade braucht. Eine Woche vor der Wahl vermeintlich im Sinne der Bürger, danach sofort wieder anders.

Die Behauptung, die Bürger handelten aus Egoismus, ist im Übrigen absurd. Der Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten im Regionalplan liegen objektive und klar definierte Kriterien zugrunde. Nicht wer diese wertvollen Grünflächen verteidigt, handelt verantwortungslos, sondern wer sie - ohne stichhaltige Gründe, geschweige denn valide Gutachten vorweisen zu können - irreversibel zerstören will.

Mit freundlichen Grüßen
Die Kerngruppe der BZU

Günther Dyx, Horst Feldmann, Birgit Kusch, Gabriele Noack, Reinhard Parthe, Yvonne Rost, Gudrun von Hase, Dr. Karl von Hase

11. Juni 2014


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Zuletzt geändert am 14. Juni 2014