Dirk Lotze - Journalist
Wuppertaler Rat lässt Bürger über Bundesgartenschau entscheiden

Schreiben

Stadt Wuppertal bewirbt sich um die Bundesgartenschau 2031

Wuppertaler Rat lässt Bürger über Bundesgartenschau entscheiden

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Die Stadtverordneten tagten zur Sondersitzung in der Historischen Stadthalle Elberfeld. Archivfoto: Lotze

Wuppertal. Der Rat der Stadt Wuppertal hat die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens gegen seinen Beschluss für eine Bewerbung um die Bundesgartenschau 2031 festgestellt. Zum Stichtag 29. Mai 2022 dürfen die Wahlberechtigten in einer Briefabstimmung selbst entscheiden, ob sie dem Bürgerbegehren zustimmen und die Bewerbung um die Großveranstaltung stoppen - oder ob sie den bisherigen Ratsbeschluss dazu nicht verändern wollen. Die Entscheidungen dazu fielen in einer Sondersitzung des Stadtrats Mittwoch, 16. März 2022. Zugleich erhielt die Stadtverwaltung den Auftrag, zusätzliche Varianten für die umstrittene Idee einer Hängebrücke über die Wupperpforte zwischen Königs- und Kaiserhöhe auszuarbeiten. Stefan Härder, einer der Verantwortlichen des Bürgerbegehrens "Buga-so-nicht", kommentierte nach der Sitzung: "Als Fazit aus der Ratsdebatte ergibt sich, dass insbesondere CDU und FDP die geplante Hängebrücke weiterhin als entscheidenden Bestandteil einer BUGA in Wuppertal ansehen. Eigentlich sind das keine neuen Erkenntnisse. Für das Bürgerbegehren geht es um die Machbarkeitsstudie und um die beiden vorgeschlagenen Highlights - die Hängebrücke und die Seilbahn - und um ihre Auswirkungen." Die Gruppe um das Bürgerbegehren habe kurzfristig ein Treffen anberaumt, um das weitere Vorgehen zu besprechen: "Es wird sicherlich um Information und Öffentlichkeitsarbeit gehen und wie wir vor dem Hintergrund der Pandemie Aktionen durchführen können."

Großvorhaben mit mehreren Kernpunkten

Der Rat hatte am 16. November 2021 die Bewerbung der Stadt um die Bundesgartenschau 2031 beschlossen - mehrheitlich mit den Stimmen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Der bisherige Stand einer Machbarkeitsstudie geht von einem mehrfach unterteilten Veranstaltungsgelände aus: Die Besuchenden sollen ihre Tour im Stadtteil Vohwinkel beginnen, am Rand der Siedlung Tesche und mit Anschluss an den Rad- und Fußweg Nordbahntrasse. Zum zweiten Abschnitt gehören der Zoo und der Waldpark Königshöhe im Stadtbezirk Elberfeld-West. Eine Seilbahn soll auf den Höhenrücken führen. Damit sollen das dortige Ausstellungsgebiet und die genannte Hängebrücke zugänglich werden. Die ist bislang als Hauptattraktion des Gesamtprojekts vorgesehen. Eine Zwischenstation der Seilbahn nahe dem Löwengehege würde zusätzlich den Zoo besser erschließen.

Die Planungsvarianten für die Hängebrücke greifen die vielstimmige, öffentliche Kritik an diesem Teil des Vorschlags auf. Dabei geht es um die ökologischen Eingriffe, insbesondere um Rodungen in dem stellenweise 120 Jahre alten Wald für Bauarbeiten und die Seilbahntrasse. Die Königshöhe ist Standort eines teils überwachsenen, naturnahen Waldparks, auf der Kaiserhöhe befindet sich ebenfalls ein Naherholungsgebiet. Wie die Varianten für diesen Gartenschau-Baustein aussehen sollen, steht noch nicht fest. Oberbürgermeister Uwe Schneidewind (Bündnis 90/Die Grünen) teilte dazu in der Verwaltungsvorlage mit: Durch das Aufstellen möglicher Alternativen würde eine Bewerbung um die Gartenschau robuster; der Anspruch, die Bürgerinnen und Bürger an dem Projekt zu beteiligen, würde unterstrichen. Und: "Von Seiten der Deutschen Bundesgartenschaugesellschaft wird ein solches Vorgehen ausdrücklich begrüßt."

Bürgerbegehren fand viele Unterstützende

Für die Vertretenden des Bürgerbegehrens sagte Stefan Härder im Rat dazu: "Es bleibt abzuwarten, wie die Alternativvorschläge aussehen werden." Das Bürgerbegehren könne nur dazu dienen, eine bestimmte Entscheidung herbeizuführen. Das sei aus seiner Sicht in beeindruckender Weise gelungen. Unter anderen Umständen - ohne die Einschränkungen durch Pandemie und Winterwetter - hätten die Unterstützenden womöglich sogar bereits jetzt die Stimmenzahl überschritten, die für einen positiven Bürgerentscheid benötigt wird.

Stadtratsmitglied Ulrich Christenn (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte: "Der Ergänzungsantrag zu Planungsalternativen ist der richtige Weg, Menschen zu überzeugen, dass hier mehr Chancen als Risiken drin stecken. Und es ist der richtige Weg, um etwas gerade zu rücken: Die Machbarkeitsstudie wird 2031 höchst wahrscheinlich nicht erlebbar sein." Die Studie zeige die Visionen zum Projekt. Aus diesem Grund reiche ihm nicht aus, nur über Ja oder Nein abzustimmen. Ludger Kineke (CDU) bekräftigte: "Wir wollten immer einen offenen Prozess haben und wir wollen alle mitnehmen." Linken-Stadtverordnete Susanne Herhaus hingegen nannte die Planung von Alternativen ein "Täuschungsmanöver" und stellte klar: "Wir nehmen daran nicht teil; wir lehnen den Antrag ab."

Hoffnung auf Impulse von der Bundesgartenschau

Weitere Stadtratsmitglieder nutzten ihre Redebeiträge, um ihre Unterstützung für die Bewerbung zur Bundesgartenschau zu bekräftigen. Servet Köksal (SPD) sagte: "Eine Buga, in welcher Form auch immer, ist geeignet, die Stärken unserer Stadt zu stärken. Es ist eine Chance, die Hotel- und Gastronomiebranche anzukurbeln und die regionale Wirtschaft." Alexander Schmidt (FDP) fragte: "Was haben wir gewonnen, wenn die Buga abgelehnt wird? Gewonnen haben wir dann nichts: Keine Fördermittel für Stadtentwicklungsprojekte, wir können den Zoo nicht stärken, und wir haben trotzdem kein Geld übrig für Schulen oder Straßen." Verena Gabriel (Bündnis 90/Die Grünen) fügte hinzu: "Wir brauchen eine Alternative zu grau und trist. Wir können aus der Erzählung des Vergangenen heraustreten. Die Buga ist Chance, das bergische Land groß zu machen." Ludger Kineke stellte in Aussicht: "Bis zum Datum des Bürgerentscheids Ende Mai werden wir Vollgas geben, damit es gelingen möge."

Holger Bramsiepe, Vorsitzender des Fördervereins "Freunde und Förderer der Bundesgartenschau Wuppertal 2031" kommentierte nach der Sitzung auf Anfrage: "Die überwältigende Anzahl der Reden ging um mutige Zukunftsgestaltung und darum, dass man das Verfahren so weiterführt, wie es von Anfang an gedacht war. Es ist ja nichts Neues, sondern es gibt jetzt zwischendurch noch eine Abstimmung. Und dazu gibt es eben meckernde Zweifler, die vielleicht aufs Verfahren blicken, aber keine eigene Perspektive für die Weiterentwicklung haben." Er ergänzte: "Ich bin mir sicher, dass es eine große Anteilnahme geben wird, um die Stadt, wie es gesagt wurde, 'von trüb zu bunt' zu bringen. Wir müssen als Menschen und Gesellschaft gucken, dass wir weiter kommen und mutig die eigene Zukunft gestalten." Der Förderverein werde sein Thema "Chancen sähen" ins Zentrum der kommenden Wochen stellen. Bramsiepe: "Wir werden das näher an die Menschen bringen. Es stimmt ja, dass sich viele noch nicht informiert haben. Und das Ziel ist, das 'Nein' zum Bürgerentscheid zu erreichen. Das 'Nein' wird das neue 'Ja' zur Buga sein."

Die Briefwahl-Unterlagen zum Bürgerentscheid erhalten Wahlberechtigte in Wuppertal unaufgefordert per Post von der Stadtverwaltung.

17. März 2022

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Zuletzt geändert am 17. März 2022