Dirk Lotze - Journalist
Rechtsmedizin: So suchen Fachleute nach Giftspuren

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Rechtsmedizin: So suchen Fachleute nach Giftspuren

index.jpg: 1200x675, 107k (19. Dezember 2021)
Analyse von Giften in Laboren ist teils extrem aufwendig. Symbolfoto: pixabay

Die Suche nach Drogen und Giftspuren in Ermittlungsverfahren dauert oft viele Wochen. Das betrifft besonders Untersuchungen nach Todesfällen - die von der Öffentlichkeit intensiv verfolgt werden. Leserinnen und Leser fragen nach Berichten regelmäßig merklich frustriert in den Redaktionen nach, warum das so lange braucht: Wenn jemand eine Droge eingenommen oder verabreicht bekommen hat, dann könne man das doch sicher mit einem Test nachweisen. Aber ganz so ist es nicht.

Der Untersuchungsumfang ist extrem unterschiedlich, erläutert Rechtsmediziner und Toxikologe Professor Dr. Thomas Daldrup: "Wenn man, um ein Beispiel zu nennen, die Blutalkoholkonzentration bestimmt, dann geht es um eine Substanz, die obendrein noch vor der Analyse bekannt ist." Außerdem werde die Bestimmung täglich in größerer Zahl durchgeführt, weshalb Analysensysteme alleine für diese eine Substanz im Labor vorgehalten werden. Es seien daher nach Eingang der Blutprobe nur wenige Arbeitsschritte durchzuführen und innerhalb von einer Stunde läge das eindeutige Ergebnis vor. Auch für viele Drogen- und Arzneimittelwirkstoffe, die häufiger eingenommen werden, würden Analysengeräte und Methode ausschließlich für diese Substanzen im Labor zur Verfügung stehen, sodass schon nach wenigen Tagen, in ganz dringenden Fällen sogar nach wenigen Stunden die benötigten Ergebnisse vorliegen.

Suche man hingegen allgemein nach Giften, dann kämen grundsätzlich Millionen Stoffe in Frage. "Das Material zum Beispiel einer Blutprobe ist aber begrenzt und Teile davon werden bei jeder einzelnen Analyse auf eine Stoffgruppe unwiederbringlich verbraucht", so Daldrup. Zu Beginn einer Untersuchung wisse man oft nicht, ob überhaupt eine Vergiftung vorliegt, geschweige denn, welches Gift oder welche Kombination von Giften gegebenenfalls zum Tod oder zu Schäden an der Gesundheit geführt hat.

Ermittlungsergebnisse liefern Anhaltspunkte

Anhaltspunkte ergäben sich häufig aus den Erkenntnissen der Ermittler, fügt Daldrup hinzu: "Bei einem Tod in einer Altenpflegeeinrichtung denkt man zunächst an Medikamente, bei einer Person, die am Bahnhof verstorben ist, je nach den Umständen an Drogen." Aber selbst ein konkreter Hinweis - zum Beispiel auf die Droge LSD - führe nicht unbedingt zu einem schnellen Ergebnis: "Vielleicht kann man die Substanz nachweisen, aber die Menge kann zu gering zu sein, um die gezeigte Symptomatik eines Opfers plausibel erklären zu können." Man müsse dann zum Beispiel in einem nächsten Schritt die Probe auf solche synthetischen Drogen prüfen, die als LSD-Ersatz verkauft werden und unter Umständen wesentlich toxischer seien als die klassischen Drogen.

Es sei deshalb immer sinnvoll und auch notwendig, schrittweise vorzugehen, erläutert Daldrup weiter: "Bis wir dann endlich eindeutige Ergebnisse haben, kann es Monate, aber auch mehr als ein Jahr dauern. Und selbst dann kann es sein, dass wir sagen müssen: Wir wissen trotz umfassender Analysen nicht, ob eine Vergiftung vorlag oder nicht. Das ist natürlich unbefriedigend."

Toxikologie ist die Lehren von den Giften, den Vergiftungen und deren Behandlung.

Professor Dr. Thomas Daldrup (*1950) ist Hochschullehrer und freier Mitarbeiter des Institutes für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Düsseldorf, wo er zuvor die Forensische Toxikologie leitete. Er ist aktuell landesweit tätig als Gutachter in Gerichtsverfahren, auch beim Landgericht Wuppertal und bei den Amtsgerichten des bergischen Landes.

Beitrag vom 25. November 2021

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Zuletzt geändert am 19. Dezember 2021