Dirk Lotze - Journalist
Online-Filterblase meldet angeblichen, totalen Stromausfall in Wuppertal

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Online-Filterblase meldet angeblichen, totalen Stromausfall in Wuppertal

index.jpg: 1200x628, 77k (05. Mai 2021)


Mit unzutreffenden Nachrichten auf der Internet-Plattform Twitter meldeten am 1. Mai 2021 unbekannte Personen einen angeblichen, stadtweiten und totalen Stromausfall in Wuppertal. Quelle der sich schnell verbreitenden, sogenannten Tweets war ein Netzwerk anscheinend aus einer Querdenker- oder rechtsgerichteten Filterblase. Laut Auskunft der Wuppertaler Stadtwerke WSW fiel der Strom am Abend im Stadtteil Cronenfeld, in Quartieren an Mastweg und Schulweg für rund eine Stunde aus. Grund sei ein Fehler im 10-Kilovolt-Mittelspannungsnetz des Unternehmens gewesen. Der Störungsdienst habe ihn eingegrenzt und beseitigt.

Die über mehrere Stunden immer wieder neu weitergeleiteten Meldungen auf Twitter täuschten vor, ganz Wuppertal sei dunkel. Dies sei ein Zeichen, dass "es" losgehe - was immer das sei. Falls das doch nicht eintreten sollte, müsse es sich wenigstens um ein organisierten "Testlauf" handeln. Im Stil von Verschwörungstheorien schrieben die Akteure die Verantwortung Personen zu, die von rechtsgerichteten Netzwerken angegriffen werden: Dem Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh und der designierten Kanzlerkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock. Wortgleiche Nachrichten erschienen immer wieder neu aus mehreren Quellen. Sie sollten anscheinend gezielt zum Thema Versorgungssicherheit verunsichern.

Die Falschmeldungen waren für Internet-Nutzende in den meisten Teilen Wuppertals einfach durch einen Blick vom Balkon oder aus dem Fenster zu entkräften: Wuppertal war erleuchtet. Von außerhalb war der Faktencheck aufwändiger. Der Internet-Dienst störungsauskunft.de des Anbieters Westenergie zeigte für Wuppertal vorübergehend mehr als 50 Stromausfallmeldungen, eingegeben von Nutzenden. Bei näherer Vergrößerung der Kartendarstellung zeigte sich, dass sie fast durchweg im Störungsgebiet am Mastweg lagen.

Anders als die Stadtwerke Solingen und Remscheid geben die Wuppertaler Stadtwerke allerdings ihre Auskünfte nicht selbst an die unternehmensübergreifende Übersichtskarte weiter. Ein Sprecher von störungsauskunft.de erläuterte auf Anfrage die Arbeitsweise des Angebots: Die Einträge von Nutzenden würden von den betroffenen Netzbetreiber-Firmen nicht bestätigt oder abgelehnt. Die würden vielmehr jeweils selbst eine Statusmeldung zu ihrem Netz absetzen: "Sofern der Netzbetreiber sich am Portal beteiligt (80 Prozent der Fläche in Deutschland sind bereits dabei), ist die übliche Meldung 'Kein Stromausfall', oder eben 'Stromausfall' oder 'Stromausfall behoben'." Das werde dann in der Kartendarstellung angezeigt.

Der Sprecher fügte hinzu: Nutzermeldungen auf der Webseite werden nicht kontrolliert oder zensiert. Es gebe aber Sicherungsmechanismen, die verhindern sollen, dass Eingaben von einzelnen Geräten das System überschwemmen. Sein Fazit: "Nach nunmehr vier Jahren Störungsauskunft.de können wir sagen, dass dies nicht zu Missbrauch führt. Wenn es an einem Fleck mehr als zwei Nutzermeldungen gibt, ist fast immer auch ein Stromausfall vorhanden." Dass rechte Gedankengruppen die Situation manchmal größer machen, als sie ist, sei bei seltenen Gelegenheiten aufgefallen: "Da gehen wir dann aber auch direkt in den Dialog und stellen es klar, dass diese Gruppen häufig maßlos übertreiben."

In Wuppertal kann die Störungsstelle etwa der Stadtwerke-Tochter WSW Netz Betroffene bei Stromausfällen informieren. Je nach den Umständen könnten Mitarbeitende sagen, wie lange die Störung voraussichtlich dauern wird, erläuterte ein Unternehmenssprecher. WSW Netz zeigt auf seiner Webseite eine eigene Übersichtskarte von Wuppertal, wo Stromausfälle rot dargestellt erscheinen. Die Störung von Samstag war allerdings auch drei Tage nach der Störung noch dort zu sehen.

Störungsdienst von WSW Netz, mit Rufnummern und Störungskarte
https://www.wsw-netz.de/services/aktuelle-stoerungen/

Übersichtskarte von Störungsauskunft.de
https://störungsauskunft.de/stromausfall

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Hohe Versorgungssicherheit in Nordrhein-Westfalen

Die Landesregierung berichtete dem Landtag am 12. April 2021 zur Versorgungssicherheit. Die durchschnittliche, addierte Stromausfalldauer bei versorgten Verbrauchern lag demnach 2019 knapp unter zehn Minuten. Das war besser als der Bundesschnitt mit mehr als 12 Minuten. Dabei bietet wiederum Deutschland im europäischen Vergleich hohe Versorgungssicherheit. Vier Fünftel der Störungen in Nordrhein-Westfalen betrafen das Mittelspannungsnetz. Die Regierung informierte über erheblichen Aufwand und Kosten in diesem Bereich: "So haben etwa die durch den Wandel des Energiesystems notwendigen Maßnahmen zur Behebung von Netzbelastungen 2019 ... zu Gesamtkosten von rund 1,2 Milliarden Euro in Deutschland geführt."

Wie hat sich die Versorgungssicherheit im Stromnetz in NRW entwickelt?
Landtags-Drucksache 17/13300
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-13300.pdf

Bundesnetzagentur: Versorgungssicherheit bei Elektrizität und Gas
https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/versorgungssicherheit-node.html

Symbolfoto: hpgruesen/pixabay

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Zuletzt geändert am 05. Mai 2021